Unterschiede Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht

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Beide Dokumente sind sogenannte Vorsorgeverfügungen. Dies sind einseitige Erklärungen, mit denen der Verfasser seinen Willen für den Fall festlegt, in dem er nicht mehr selbst entscheiden kann. Da Angehörige - aber auch Ehepartner - ohne Vollmacht keine Entscheidungen für den Patienten treffen dürfen (das Selbstbestimmungsrecht verbietet in Deutschland, dass Dritte über einen anderen Menschen entscheiden), muss jeder Volljährige, der bestimmten Personen erlauben will, für ihn zu entscheiden, diesen eine Vollmacht ausstellen. Ohne Vollmacht dürfen diese Dritten - also auch Verwandte und Ehepartner – also gerade nichts für den Patienten entscheiden! Nur mit so einer Vollmacht dürfen dann die von dem Vollmachtgeber in diesen Verfügungen bevollmächtigten Personen entsprechend seinem Willen handeln und seinen Willen dann für ihn umsetzen, wenn er selber es z.B. wegen Geschäftsunfähigkeit, Bewusstlosigkeit oder Tod nicht mehr kann. Aber es gibt klare Unterschiede zwischen Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung:

Mit der Vorsorgevollmacht gibt man denjenigen volle Entscheidungsbefugnis, die im Fall der eigenen Geschäftsunfähigkeit alle Entscheidungen treffen sollen. Die Vorsorgevollmacht muss also inhaltlich für den Bevollmächtigten einen größtmöglichen Gestaltungsspielraum bieten und nicht nur bestimmte, einzelne Lebensbereiche umfassen (wie „Wohnung“, „Behörden und „Versicherungen“ etc.), sondern sie muss für alle rechtlichen, finanziellen, wirtschaftlichen und auch medizinischen (!) Belange Anwendung finden. Also bitte keine Formulare zum Ankreuzen verwenden, sondern einen umfassenden Text, der wirklich alle Lebensbereiche umfasst. Je weiter die Vollmacht gefasst ist, desto leichter haben es im Fall der Fälle die Bevollmächtigten. Mit der Vollmacht kann dann der Bevollmächtige mit dem Arzt die Behandlung besprechen und Entscheidungen für den Patienten treffen. Mit einer Ausnahme: Dritte dürfen auch mit so einer „Erlaubnis“ nicht über das Leben des Patienten entscheiden!

Der Grund ist, dass in Deutschland generell niemand über fremdes Leben entscheiden darf. Eine freie Entscheidung über das Leben Dritter ist in Deutschland u.a. durch das Verbot der aktiven Sterbehilfe nun einmal verboten. Deshalb ist es rechtlich auch nicht möglich, dass sich der Bevollmächtigende mit seiner Vollmacht über dieses Gesetz hinwegsetzt und das „Töten“ bzw. Abschalten den Angehörigen doch erlaubt. Eine eigene, freie Entscheidung der Bevollmächtigten, wann der Patienten leben und sterben soll, ist deshalb – auch mit einer Vollmacht – rechtlich nicht umsetzbar.

Genau hierfür und nur für diesen einen Anwendungsbereich, sterben zu wollen, gibt es die Patientenverfügung. Sie ist eine Regelung zu der eigenen Lebensverkürzung bzw. Verhinderung der eigenen Lebensverlängerung. Wer nicht jahrelang an Schläuchen liegen möchte, sollte unbedingt in einer separat verfassten Verfügung, der sog. „Patientenverfügung“, festlegen, wann die Lebenserhaltung durch Apparate, Schläuche und Behandlungen einzustellen ist. Mit diesem Dokument erlaubt der Verfügende also nicht seinen Angehörigen das Abschalten, sondern er verbietet den Ärzten eine Weiterbehandlung! Diese feine Differenzierung macht rechtlich den Unterschied! Ohne eine eigene, schriftliche Regelung, ab wann keine Apparate mehr angeschlossen werden sollen, wird der Patient sehr wahrscheinlich noch jahrelang am Leben gehalten werden, selbst wenn die Verwandten und Angehörigen Mitleid haben und das unterbinden wollen. Wenn hier der sog. „mutmaßliche Wille“ des Patienten nicht ganz klar zu erkennen ist, darf nicht abgeschaltet werden.

Weil es also rechtlich nicht möglich ist, den Angehörigen mit einer Vollmacht das Abschalten zu erlauben, muss der Verfügende mit einer Patientenverfügung den Ärzten die Weiterbehandlung in bestimmten aussichtslosen Situationen verbieten. Denn über eine Lebensbeendigung des Patienten darf eben nur dieser selbst entscheiden, anderen Menschen ist es nicht erlaubt, über das Leben Dritter zu entscheiden. Deshalb haben beide Texte ihre Berechtigung und einer alleine reicht eben nicht aus, alles für den Bevollmächtigenden zu regeln.

Der Verfasser, Rechtsanwalt Lutz Arnold LL.M., ist Inhaber der Anwaltskanzlei Arnold mit Sitz in Berlin und Dresden. Seine Kanzlei (www.anwaltskanzleiarnold.de) ist spezialisiert auf Vorsorgeverfügungen.

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